Zweimal befinden wir uns in höchster Lebensgefahr.Weitere Unruhen in Santiago, Sandsturm, Hagelschauer und Gewitter am trockensten Ort der Erde, aber auch atemberaubende Passstraßen mit über 4800 m Höhe, ein Crash, beeindruckende Canyons und die Schönheit der Wüste.
Zurück in Santiago genießen wir abermals die Gastfreundschaft unseres Freundes Raul. Bevor wir uns mit ihm gemeinsam nach Nordargentinien aufmachen zeigen er und Freundin Yasna uns noch ein paar schöne Ecken von Santiago. Bei einer nächtlichen Fahrt im Taxi kommt plötzlich ein beissender Geruch durchs offene Fenster. Sofort fangen unsere Augen an zu brennen. Die Polizei hat einmal mehr ordentlich Tränengas verteilt.
Dass die Proteste in Santiago immer noch anhalten sehen wir auch tags drauf, als wir an der mittlerweile berüchtigten Plaza Italia vorbeifahren. Hier raucht es mitten am Tag und alles ist mit Graffiti vollgeschmiert. Bei dem Anblick sind wir froh am nächsten Tag wieder über die Grenze nach Argentinien zu fahren.
So narrt man die Polizei
Auch wenn es ungewohnt ist, wieder Moppedklamotte zu tragen, fühlt es sich doch gut an, endlich wieder auf dem Motorrad zu sitzen und den Fahrtwind zu spüren.
Zu dritt verlassen wir Santiago Richtung Mendoza. Die Passstraße schraubt sich in engen Serpentinen die Anden hinauf. Hier sehen wir neben Bergkulissen in allen möglichen Rottönen auch den höchsten Berg Südamerikas, den Cerro Aconcagua mit 6960 Metern. Schnell kommen wir nicht voran denn hinter jeder Kurve gibt es weitere atemberaubende Ausblicke. Obendrein machen tückische Fallwinde, die von den Steilhängen herabwehen, das Motorradfahren nicht unbedingt sicherer. Auf der argentinischen Seite erwartet uns eine faszinierende Berglandschaft, die allenthalben mit Sand- und Ockertönen aufwartet. Immer wieder fahren wir durch enge Canyons, die sich bald wieder zu weiten Ebenen ausbreiten. Das Asphaltband windet sich durch faszinierende Landschaften und wie im Flug schmelzen die Restkilometer bis Mendoza dahin. Das Motorradfahren in dieser Kulisse macht riesigen Spaß. Zumindest bis zwei blaue Männchen mit weißen Halbschalenhelmen auf dem Kopf uns zur Seite winken. Die beiden Polizisten sehen mit ihren Helmen aus wie einst Calimero, und die heillos zerschraddelte Yamaha XT 660R mit einem bis auf die Karkasse abgefahrenen Hinterreifen macht das Szenario nicht weniger amüsant. Wir sollen bei doppelt durchgezogenen Linie ein Auto überholt haben. Stimmt auch. Macht hier jeder. Erst mal werden sämtliche Papiere kontrolliert. Unsere Führerscheine sollen wir am nächsten Tag in Mendoza auslösen indem wir eine saftige Geldstrafe bezahlen. So erzählt uns der Herr Wachtmeister. Wir stellen uns dumm – no entendemos – wir verstehen nicht. Irgendwie hat sich schlagartig unser gesamtes Spanisch verflüchtigt. Der etwas hilflose Calimero zeigt uns mit seinem Handy die Übersetzung im Google Translator. Danach sollen wir unsere Antwort eintippen. Also schreiben wir völligen Unsinn wie „flechte Untersetzung“ damit er sieht wie vermeintlich miserabel das Programm übersetzt. Etliche Male geht so das Mobiltelefon zwischen den Ordnungshütern und uns hin und her, und der Schwachsinn, den wir eintippen wird immer größer. Völlig entnervt geben sie uns die Führerscheine zurück und lassen uns ungeschoren unseres Weges fahren. Zum Abschied merke ich – natürlich in lupenreinem Spanisch – noch an, dass ihre Yamaha mal einen neuen Reifen vertragen könnte, was die Laune der Wachtmeister nicht unbedingt hebt.
In der Weinhauptstadt
Die Stadt Mendoza liegt im Zentrum des Weinbaugebiets von Argentinien und ist bekannt für ihre vielen Bodegas (Weinkellereien). Von hier kommen einige der besten Tropfen der Welt. Auch wir wollen den leckeren Rebensaft probieren und machen uns am nächsten Tag auf zum Tasting in zwei Weingüter. Ausgerechnet heute ist der heißeste Tag mit 38°C. Bei der Temperatur ist es schon zu viel, am Glas zu nippen. Aber die Räume sind klimatisiert und es sind ein paar leckere Tropfen dabei. Außerdem stehen die Motorräder sicher auf dem Parkplatz unseres Hostels. Denn fahren geht heute nicht mehr.
Die Stadt selbst hat außer vielen Restaurants und Bars, die spät am Abend gut besucht sind, nicht viel zu bieten. So fahren wir weiter gen Norden in die Berge. Ein grauer Dunst verwehrt uns jedoch die Sicht auf die Berge. Das ist der Rauch vom großen Feuer in Australien, der bis hierher geweht wurde. Weiter oben auf dem Pass wird die Sicht jedoch besser und wir genießen das kurvige Sträßchen wo wir Guanacos und Füchsen begegnen. Am Abend nehmen wir uns zu dritt eine Cabana und springen in den Pool zur Abkühlung.
Der erste Crash
Die Route am nächsten Tag führt uns über eine Schotterpiste mit vielen sandigen Abschnitten. Kein Problem: in die Rasten stellen, den Blick weit nach vorne richten und Gas geben. Doch an einer Stelle ist das Tiefsandloch schlichtweg nicht zu sehen: Fast bis zur Bremsscheibe sticht die Dakar ein, das Vorderrad klappt weg, Tom stürzt und die Dakar überschlägt sich übers Vorderrad. Es dauert ein paar Sekunden bis die Sandwolke sich wieder legt und etwas zu sehen ist. Tom tut die Schulter weh aber er kann alles bewegen. Offenbar ist die Dakar wesentlich robuster als Tom. Beide vorderen Blinker abgebrochen, die Scheibe zersplittert und ein Spiegel defekt. Sonst nichts! Reparaturaufwand zirka zwei Stunden. Bei Tom ist es eine Schulterprellung, eine gebrochene Rippe und ein paar blaue Flecken. Shit happens – ein Crash, der schlichtweg nicht zu vermeiden war.
Die letzten Kilometer für diesen Tag führen uns durch einen Canyon. Die Straße schlängelt sich an rotbraunen Felsformationen vorbei. Hinter jeder Kurve erwartet uns erneut ein wunderbarer Anblick. So ist der Schrecken vom Vormittag schnell vergessen.
Sandsturm in der Wüste
Auch am nächsten Tag zieht uns die Landschaft der Anden wieder in ihren Bann. In der Ferne verstecken sich die Sechstausender Berge in den Wolken. Vorbei geht es wieder an Felsen in allen möglichen Rottönen. Man könnte meinen ein Maler hätte hier seine Farbpalette ausgetestet. Auch die Erde ist hier knallrot. Stolz ragen baumgroße Kakteen in die Höhe. Die letzte Etappe bis Fiambalá führt immer wieder durch trockene, staubige Senken hindurch. Während der Schneeschmelze ist dieser Abschnitt mit Sicherheit nicht mehr befahrbar, da an diesen Stellen das Schmelzwasser über die Straße schießt. Aber jetzt ist alles staubtrocken.
Am Abend findet in Fiambalá ein Weinfest statt wo wir den ein oder anderen Tropfen probieren können. Das besondere an den hiesigen Weinen: Sie wachsen in Höhen von gut über zweitausend Metern und werden obendrein samt und sonders nachts gelesen.
Am nächsten Tag schauen wir uns eine der Sanddünen an. Hier kann man auch mit einem Board runterrodeln. Wir sparen uns das bei der Hitze und fahren lieber zu den Thermen. Etwas außerhalb in den Bergen gibt es mehrere Thermalbecken von 32°C bis 42°C. Da die Temperaturen sich hier in der Wüste in ähnlichen Bereichen bewegen gehen wir zunächst unterhalb in die Becken mit kaltem Wasser um uns runter zu kühlen. Anschließend wagen wir uns dann doch erst mal in 32°C. Man gewöhnt sich dran und so beschließen wir, dass die 42°C auch sein müssen und wenn es nur für das Foto ist. Raul weigert sich allerdings weiter als bis zu den Knien rein zu gehen. Ihm würden schon die Füße kochen.
Auf dem Rückweg zum Hostel beeilen wir uns, da ein fieser Sandsturm aufkommt. Als Ergebnis haben wir überall Sand, in den Koffern, den Klamotten, sogar zwischen den Zähnen knirscht es.
Zu den Sechstausendern
Die Seismilles (Sechstausender) wollen wir uns noch mal aus der Nähe anschauen und fahren hinauf zum Paso San Francisco, gleichzeitig eine der höchsten Grenzstationen mit etwa 4700 Höhenmetern. Die Straße schlängelt sich kurvenreich durch einen Canyon und wieder können wir uns kaum sattsehen an den Bergen und Felsen in verschiedenen Farben und Formen. Auch die ersten Vicunas können wir hier sehen. Eine kleinere Version der uns bereits bekannten Guanakos.
Leider sehen wir auch wie der Sandsturm vom Vortag jede Menge Müll in die Wüste geweht hat. Ein kleiner Friedhof ist voll vom Plastik aus der angrenzenden Mülldeponie. Der Anblick macht nachdenklich. Anscheinend gehört hier eben beides zur Rubrik Entsorgung.
An der argentinischen Grenzstation angekommen erklärt man uns, dass wir nur weiterfahren können wenn wir das komplette Prozedere, Ausreise aus Argentinien, Einreise Chile durchmachen. Okay dann machen wir das halt, obwohl wir ja nur ein paar Fotos schießen und zurückfahren wollen. Der argentinische Grenzbeamte gibt uns jedoch zu verstehen, dass die chilenische Grenzstation 120 Kilometer weit weg ist. Wir haben jetzt schon 200 Kilometer hinter uns und so weit wollten wir heute nicht mehr. Leider lassen sie sich nicht überzeugen uns wenigstens ein paar Kilometer weiterfahren zu lassen. Wir schlagen sogar vor unsere Dokumente bei ihnen zu lassen. Nein, sie lassen sich nicht erweichen. So können wir nur von der Grenzstation noch ein paar Fotos der Berge schießen und müssen wieder zurück.
Bunte Felsen in Nordargentinien
Wir verlassen Fiambalá und fahren bis Cafayate, nach Mendoza und San Juan die dritte Weinhauptstadt Argentiniens. Nach diesem langen Fahrtag von rund 460 km gönnen wir uns am Abend in einer Weinbar noch eine Probe der leckeren, lokalen Tropfen. Etwas nervös macht uns allerdings die locker zehn Zentimeter große Kakerlake, die durch den Biergarten fliegt.
Die Straße von Cafayate nach Salta führt uns durch ein weiteres Highlight, die „Quebrada de Cafayate“ – eine Schlucht entlang des Rio de las Conchas mit einzigartigen Felsformationen. Auch wenn die Straße durch die Schlucht mit ihren Kurven richtigen Fahrspaß verspricht fahren wir doch nur sehr langsam. Denn hier einfach durchzurasen wäre viel zu schade. Die Landschaft zieht uns mit Farben von Weiß über Ocker- und Grüntöne bis hin zu allen Rotvarianten in den Bann. Zu sehen sind Felsen mit Namen wie „Der Obelisk“ und auch ein natürliches Amphitheater. Eigentlich wäre es am besten hier zu wandern, aber die Sonne brennt mit etwa 35°C oder mehr. Da sind wir dann doch froh zwischen den ganzen Fotostopps etwas Fahrtwind abzubekommen.
Vor der Stadt Salta wird es dann immer grüner. In der Ferne sehen wir dicke Gewitterwolken. Als wir in Salta Unterkunft beziehen holt uns dieses Gewitter ein. Salta wird als „Die Schöne“ bezeichnet und so wollen wir nachdem der Regen nachgelassen hat wenigstens etwas vom Nachtleben mitbekommen. In der Balcarce, eine Straße für ihre vielen Restaurants und Bars bekannt, schrecken uns die Tanzdarbietungen eher ab. Es sieht eher nach Touri-Nepp aus und so gar nicht authentisch. So suchen wir uns lieber eine etwas ruhigere Kneipe.
Es hat die ganze Nacht durch geregnet. Als wir losfahren ist es zwar trocken aber der Himmel komplett bedeckt. Die Landschaft wird immer grüner, was bestätigt, dass es hier öfter regnet. Kein Wunder, kommen wir hier doch in die ersten Regenwälder. Wahnsinn wie schnell sich die Landschaft ändert.
Pure Magie
Bei Purmamarca kommen jedoch die roten Felsen wieder zum Vorschein. Dieses indianisch geprägte Dorf liegt in der „Quebrada de Humahuaca“ eine weitere Schlucht, welche auch Schlucht der Farben genannt wird. Der Farbenreichtum lässt sich hier direkt vom Ort aus bewundern. Hier treffen wir auf Ariel, den Bruder unseres Freundes Ricardo aus Buenos Aires, welcher das Restaurant Cultural Wiphala betreibt. Natürlich wurden wir schon angekündigt und Ariel begrüßt uns mit Bier und Empanadas.
Ariel ist ein echter Aussteiger. „Meinen Bürojob in Buenos Aires hatte ich schon lange satt. Und nach der Trennung von meiner Frau hat mich nichts mehr in dem Großstadtmoloch gehalten“, erzählt der 40-Jährige. Ein halbes Jahr hat Ariel am Whipala gearbeitet und all seine Kreativität eingebracht. Ein echtes Schmuckstück mitten in den roten Felsen oberhalb des Dorfs.
Am nächsten Morgen machen wir eine kleine Tour bis Humahuaca. Hier in den Dörfern ist die Indio-Kultur noch sehr lebendig. Wir schlendern über die Märkte der Einheimischen und probieren uns durch die Leckereien wie Empanadas, Tortillas und natürlich frisch gepressten Säfte durch.
Am Nachmittag sind wir zurück in der Whipala Bar, denn hier erwartet uns eine Folklore Darbietung auf der Naturbühne. In farbenfrohen Gewändern werden hier traditionelle Tänze vorgeführt aber auch Darbietungen über die Inka-Kultur werden gezeigt. Nur zuschauen und Klatschen reicht den Künstlern jedoch nicht und schnell springen sie von der Bühne und zerren die Zuschauer mit zu einem gemeinsamen Tanz.
Im Anschluß machen wir uns noch mal auf die Felsen rund um Purmamarca zu bewundern. Beeindruckend ist vor allem der Cerro de los Siete Colores – Felsen der Sieben Farben. Rund um das Dorf kann man auch zu Fuß die Felsen erklimmen und die Aussicht auf die nächsten Formationen und Farben genießen. Kein Wunder, dass Ariel sein Leben in Buenos Aires aufgegeben hat um sich hier einen Traum mit der eigenen Bar zu erfüllen.
Auf dem Salz
Uns zieht es jedoch weiter in die Höhe, von rund 2200 Metern Höhe in Purmamarca fahren wir zu den Salinas Grandes, einer Salzwüste auf 3450 Höhenmetern. Strahlend weiß wirkt das Salz eher wie Schnee. Aber es gibt auch tolle Spiegelungen dort wo das Wasser steht.
In Lebensgefahr
Über den Jama Pass mit 4200 Höhenmetern fahren wir wieder einmal nach Chile. Die Höhe macht uns allmählich zu schaffen, doch das Kauen von Koka-Blättern hilft spürbar. Da können wir es kaum glauben, als wir an einem Fußballplatz vorbeikommen wo gerade ordentlich gekickt wird. Aber die Menschen hier sind es ja auch gewohnt. Für uns ist normales Gehen oder Treppensteigen in der Höhe schon zuviel.
Auf chilenischer Seite fahren wir bis zu etwa 4800 Meter hoch. Aber uns bleibt keine Zeit, denn schwarze Gewitterwolken ziehen an und wir haben noch ca. 150 Kilometer vor uns bis San Pedro de Atacama in Chile. Die ersten Regentropfen fallen, es wird plötzlich kalt, so lassen wir die Schönheiten wie kleine Lagunen und riesige Felsstelen rechts und links liegen und geben Gas, um so schnell wie möglich hier weg zu kommen. Bald wird aus dem Regen Hagel. In der Ferne sehen wir wie es blitzt. Unser Weg führt uns geradewegs in die Mutter aller Gewitter hinein. Es beginnt zu schütten, doch die Straße macht einen Schlenker nach links. Wir quetschen die Gasgriffe aus und holen alles aus den Motoren, was die dünne Luft noch an Leistung übrig gelassen hat. In der Ebene sind kaum mehr als 80 km/h drin. Doch wir schaffen es und fahren schon dem zweiten schweren Gewitter davon. Es sieht so aus als kämen wir ungeschoren davon. Die Passstraße führt schließlich über einen Sattel. Was uns indes auf der anderen Seite erwartet treibt uns Gänsehaut ein. Wir fahren geradewegs in ein weiteres schweres Gewitter hinein. Direkt vor uns schlagen 2 Blitze in den mineralhaltigen Boden ein. Da es hier auf dem Altiplano (einem Hochplateau) keine Bäume und auch sonst keine größeren Gewächse gibt sind wir mit unseren Motorrädern der höchste Punkt und obendrein das einzige Stück Metall weit und breit. Ein Blick in den Rückspiegel zeigt, dass Umkehren auch keine Möglichkeit ist, wir sind umzingelt von Gewittern. Rund um uns schlagen immer wieder Blitze ein, wir sind in Lebensgefahr. In Todesangst geben wir Vollgas. Es geht noch einmal gut, wir entfernen uns ein wenig von der Gewitterzelle. Zum Glück ist die Straße gut befahrbar. Eine schlammige Piste wäre jetzt das Letzte was wir gebrauchen können. Doch bald fahren wir durch die Stellen an denen das Gewitter zuvor getobt hat. Und das Unwetter brachte keinen Regen mit, sondern Schnee. Damit dürfen wir jetzt auch noch über eine schneebedeckte Straße fahren.
Da kommt uns der Gedanke auf, warum es überhaupt so viel regnet. Ist die Atacama Wüste nicht einer der trockensten Orte der Erde? Aber es ist gerade Regenzeit in der Region und nachmittägliche Gewitter an der Tagesordnung.
Wir kommen heil in San Pedro de Atacama an wo es auch schon wieder trocken ist und beziehen einen Campingplatz. Am Abend heißt es Abschied nehmen von Raúl. Er möchte wieder zurück nach Santiago um in seinem Haus nach dem Rechten zu sehen. Die andauernden Proteste beunruhigen ihn. Beim letzten gemeinsamen Abendessen stößt John aus England zu uns. Ihn haben wir bei den Salinas Grandes kennengelernt.
Am nächsten Tag macht uns die Hitze etwas träge. Vielleicht liegt es auch an dem ganzen Trubel der hier in San Pedro herrscht. Es gibt in der Umgebung einige Ziele doch so recht wollen wir nicht los. Wahrscheinlich ist sowieso alles mit Bussen und Touris überfüllt. So erledigen wir auf dem Campingplatz erst mal ein paar Aufgaben wie kleine Reparaturen und Wäsche waschen.
Plötzlich hören wir deutsche Stimmen. Nicht nur das, durch den schmalen Zugang zum Zeltplatz kommen bekannte Gesichter auf uns zu: Marion und Thomas aus der Nähe von Aalen in Schwaben. Die beiden hatten ihre Motorräder mit unseren im selben Container verschifft, sind dann von Valparaiso aus in nördliche Richtung gestartet. So verbringen wir den Abend zu viert mit Wein auf dem Campingplatz und bekommen von den beiden erfahrenen Weltenbummlern jede Menge Tipps für die weitere Route.
Mit John verlassen wir San Pedro zu dritt und wollen in Calama die größte offene Kupfermine der Welt besichtigen. Dort angekommen hören wir jedoch, dass die Touren seit Oktober letzten Jahres wegen der anhaltenden Proteste im Land aus Sicherheitsgründen bis auf weiteres gestrichen wurden. So langsam glauben wir ja, dass die Proteste auch gerne mal als Vorwand genommen werden. Da es hier aber weiter nichts gibt beschließen wir Richtung Bolivien zu fahren. John verabschiedet sich hier, da er so langsam Richtung Santiago möchte.
Auf dem Pass nach Ollague, dem Grenzort ziehen dann schon wieder dunkle Wolken auf. Wieder einmal sehen wir Blitze, zwar noch in der Ferne aber das Unwetter kommt schnell und bedrohlich näher. Natürlich gibt es hier mal wieder nichts zum Unterstellen. So hoffen wir, dass es gut geht und fahren bis Ollague auf 3667 Metern Höhe wo wir dann ein Hostel finden bevor es richtig losgeht.
Der Ort mit dem großen Güterbahnhof unterhalb des rauchenden Vulkans macht einen tristen, teils verfallenen Eindruck. Unsere Wirtin erklärt uns, dass der Ort bis in die Neunzigerjahre floriert hat. Über den Bahnhof wurde der Ertrag der vielen hiesigen Minen abtransportiert, so zum Beispiel Kupfer, Silber und Zink. Zudem fungierte Ollague als Knotenpunkt für den Transport der bolivianischen Erze zu den chilenischen Häfen. „Es gab eine Menge Arbeit hier, die Leute haben gut verdient“, erzählt die alte Dame. Aber mit der Schließung der Minen in den Jahren 1993 bis 1995 ging alles vor die Hunde.
Da kann man nichts machen meint die Frau. Sie ist hier geboren und lebt schon immer hier. Irgendwie wird es schon weitergehen. Um hier leben zu können muss man tatsächlich auch hier geboren sein. Für uns ist es nur eine Übernachtung. Morgen geht es weiter nach Bolivien. Wir sind gespannt was uns dort erwartet.
Kilometer: 13.887
Unsere Route findet Ihr hier.