Viele Monate haben wir die Maschinen umgebaut und auf die große Reise vorbereitet. Nun war es Zeit für den ersten Roll-out, den ersten Testlauf und die erste kleinen Tour mit den fast fertigen BMWs.Unfassbar viele Bauteile haben wir an den beiden F 650 GS montiert, modifiziert oder abgebaut. Die Palette reicht von der einfachen Bordsteckdose über LED-Zusatzscheinwerfer mit Tagfahrlicht-Schaltung, Navigation und Windschild bis hin zu Hauptständer, Sturzbügel und Sportfahrwerk.
Fast fertig
In den letzten Tagen hat sich Tom vor allem um die Verlegung der Elektrik gekümmert. Wenn man Sorgfalt walten lässt – und das sollte man definitiv tun wenn man auf eine 50.000-Kilometer-Tour startet – bedeutet das viele Stunden Strippen ziehen, anschließen und vor allem wasser- und schmutzresistent einkleiden. Diese Arbeit hat neben dem Umbau der Abwasserrohre zu wasserdichten und abschließbaren Werkzeugrollen am meisten Zeit in Anspruch genommen. Einige Kleinigkeiten gibt es aber immer noch zu tun.
Doch bei dem tollen Osterwetter wollten wir die Feiertage nicht auch noch in der Werkstatt verbringen, sondern die Maschinen mit sämtlichen Umbauten zum ersten mal in Betrieb nehmen. Schließlich waren die beiden Kälber mit dem neuen Equipment noch nie gelaufen.
Die Wahl der Töpfchen
Für den ersten Probelauf haben wir uns die Fummelei für die Montage der Tank- bzw. Airboxverkleidungen gespart. Ganz besonders neugierig waren wir auf die beiden Scorpion Sportschalldämpfer, die wir den GSen verpasst hatten: ein Factory-Dämpfer bei Andreas Standard-GS und ein ultrakurzer und obendrein eminent leichter Dämpfer ohne jede Prägung bei der Dakar. Beide hatten wir ultragünstig im Netz geschossen. Das Problem bei der Auspuff-Wahl war, dass viele sich nicht zusammen mit dem Touratech-Kofferträger montieren lassen.
Mit frisch geladener Lithium-Eisenphosphat-Batterie sprang die knallrote GS sofort an. Der Scorpion Factory Dämpfer machte mit dumpfem Grollen sofort klar: „Ich bin ein Sportsmann, lass mich von der Leine“. Mit beeindruckendem Hämmern im Lastbetrieb macht das Töpfchen akustisch eine Heidenlaune. Genau so muss eine Einzylinder-Enduro klingen.
Das Inferno
Noch eben den elektronischen Kettenöler nachjustieren und dann die Dakar starten. Nach einiger Standzeit ließ sich die Bayerin ein wenig bitten. Doch die Geräuschkulisse, die sich nach dem Start in dem engen Hinterhof entwickelte war schlichtweg infernalisch. Ein Weltenbrand. Mit dem ersten Gasstoß wackelten im ganzen Viertel die Scheiben, auf den Balkonen hüpften die Kaffeetassen von den Tischen und Nachbar’s Fido rennt heute noch verstört an der Decke entlang. Klar war: Der kurze Scorpion ist so weit von der Legalität entfernt wie Pol Pot vom Friedensnobelpreis. Mit einem relativ blechernen Hämmern beim Gasgeben klingt der Topf extrem nach Rallyesport. Aber wem nutzt das, wenn beim Vorbeifahren die Dorfbewohner die doppelläufige Jagdflinte durchladen?
Lange haben wir gezögert, ob wir so vom Hof fahren können. Die grün-weiße Rennleitung würde Tom für das illegale Rohr wohl direkt am nächsten Baum hochziehen. Wir haben es gewagt. Und: Zwei mal sind wir an der Polizei vorbeigefahren – im Fall der Dakar jedes mal mit gezogener Kupplung. Denn sonst hätte es den Herren Wachtmeistern wohl das Blaulicht vom Dach gefetzt.
Bei der Rückfahrt aus Leichlingen über die Autobahn hat die Geräuschkulisse schon bei Tempo 100 die Schmerzgrenze erreicht.
Das Fazit
Erkenntnis der ersten 50 Kilometer: Alle Umbauten äußerst erfolgreich. Alles funktioniert einwandfrei. Nur die LED-Scheinwerfer brauchen noch gehörig Justierung. Damit können wir am Karsamstag auf unsere erste Offroad-Tour mit den Kälbern gen Holland starten.
Rückbau
Allerdings haben wir nach der Rückkehr noch den Dämpfer an der Dakar gegen die Originalanlage ausgetauscht, denn so will Tom nicht durch die Wälder fahren. Großer Wermutstropfen: Dadurch müssen die bereits fest installierten Werkzeugrohre fürs Erste wieder dem Originalauspuff weichen. Doch die Suche nach dem geeigneten Auspuff für die Dakar geht weiter.